Freiheit, Gesundheit, Gerechtigkeit

Auf der Hanfparade 2011 hatten wir unter dem Motto „Freiheit, Gesundheit, Gerechtigkeit!“ für die Legalisierung von Cannabis als Medizin, Rohstoff und Genussmittel demonstriert.

Poster der Hanfparade 2011

Genussmittel legalisieren – Freiheit besteht in der Möglichkeit, alles zu tun, was keinem anderen schadet: Dieses Grundrecht eines jeden Menschen darf nur dort begrenzt werden, wo es Rechte anderer Menschen beeinträchtigt.

Der Genuss von Marihuana oder Haschisch schadet anderen Menschen nicht. Die Wissenschaft ist sich längst sicher: Vom Cannabiskonsum gehen weniger Risiken aus, als vom Konsum der legalen Drogen Alkohol und Nikotin. Dennoch hält die Politik am Hanfverbot durch das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) fest. Das will die Hanfparade ändern!

Cannabismedizin ermöglichen – Die Hanfparade kämpft für das Recht eines jeden Menschen, die Mittel zur Erhaltung seiner Gesundheit frei wählen zu dürfen. Cannabis war jahrtausendelang weltweit eine der meist verwendeten Medizinalpflanzen. Der Krieg gegen Drogen machte dem quasi über Nacht ein Ende. Die Hanfparade unterstützt Ärzte und Patienten bei ihren Bemühungen, den Zugang zur natürlichen Medizin Hanf zu erleichtern. Dies ist auch nach der Einführung des Gesetzes zur Cannabismedizin im März 2017 nötig, da die Krankenkassen zahlreichen Patienten die Kosten für Ihre Medizin nicht erstatten wollen.

Diskriminierung der Hanfpflanze beenden – Gerechtigkeit bedeutet, Gleiches gleich zu behandeln. Das BtMG ist eine Rechtsnorm, die Teile der Gesellschaft diskriminiert (z.B. Hanfbauern) und andere bevorzugt (z.B. Weinbauern). Es ist ungerecht, dass Cannabis, die wohl nützlichste Pflanze der Welt, in Deutschland hinter bürokratischen Hürden verborgen ein Nischendasein fristet. Die Hanfparade will der Öffentlichkeit die vielfältigen Möglichkeiten des Rohstoffs Cannabis vor Augen führen.

Wir gehen Jahr für Jahr für die Aufhebung der Cannabisprohibition auf die Straße – für mehr Transparenz, Information und Aufklärung – für Hanf als Rohstoff, Medizin und Genussmittel – für Freiheit, Gesundheit, Gerechtigkeit!

Justizia - von Hans Braxmeier

Über die Gerechtigkeit

Justizia - von Hans Braxmeier

Der Begriff der Gerechtigkeit bezeichnet einen idealen Zustand des sozialen Miteinanders, in dem es einen angemessenen, unparteilichen und einforderbaren Ausgleich der Interessen und der Verteilung von Gütern und Chancen zwischen den beteiligten Personen oder Gruppen gibt.

Das BtMG ist eine Rechtsnorm, die bestimmte Gruppierungen der Gesellschaft diskriminiert (z.B. Hachischliebhaber) und andere bevorzugt (z.B. Weinliebhaber). Das BtMG in seiner heutigen Form kann deshalb nicht in Einklang mit den Grundprinzipien der Gerechtigkeit gebracht werden, weil es einen angemessenen, unparteilichen und einforderbaren Ausgleich der Interessen zwischen beteiligten Personen oder Gruppen nicht zulässt.

Recht und Gerechtigkeit

Das Recht ist die verbindliche Ordnung des allgemein akzeptierten Verhaltens innerhalb einer Gruppe (Staates). Das Recht ordnet menschliche Beziehungen, insbesondere das Verhalten des Individuums gegenüber der Gruppe und sorgt so für Gerechtigkeit innerhalb der Gruppe. Der Genuss von psychotropen Substanzen wie Cannabis betrifft nur den Konsumenten selbst, er untersteht somit nur individualethischen Regeln und entzieht sich folglich als „Verhalten des Einzelnen“ dem Recht als „Regelung menschlicher Beziehungen“. Jeder muss in seiner Art genießen können und niemand darf, solange der Genuss nicht auf Kosten oder zu Lasten anderer erfolgt, ihn in seinem eigentümlichen Genuss stören! Dies ist ein Grundprinzip der Menschen- und Bürgerrechte.

Die Begrenzung des Rechts auf die Regelung der Beziehungen zu anderen Menschen zeigt sich u.a. im wesentlichen Grundsatz des heutigen Strafrechts – dem der Fremdgefährung. Nur ein Verhalten, das die Rechtsgüter anderer Menschen oder einer ganzen Gruppe unmittelbar beeinträchtigen könnte, kann strafwürdig sein. Die gesetzgebende Gewalt darf deshalb keine Gesetze erlassen, welche die Ausübung der Menschen- und Bürgerrechte unzulässig beeinträchtigen oder hindern. Die Rechtsnorm BtMG läuft dem durch die nicht auf wissenschaftlichen Kriterien basierenden Klassifizierung von Straftatbeständen zuwider und kann somit nicht als gerechte Norm bezeichnet werden.

Das BtMG verstößt in gravierender Weise gegen das Verbot der „Strafbarkeit lediglich selbstschädigenden Verhaltens“. Der Genuss psychotroper Substanzen wie Cannabis und alle Vorbereitungshandlungen (Anbau, Erwerb und Besitz) beeinträchtigen die Rechtsgüter anderer Menschen nicht und können aus ethischer Sicht somit auch nicht strafbewehrt sein.

UNO-Drogenkonventionen unterminieren Freiheit und Gerechtigkeit

Das BtMG dient nicht der Gerechtigkeit. Das Gleiche gilt für die internationalen UNO-Konventionen zur Drogenkontrolle von 1961 (Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel), 1971 (Konvention über psychotrope Substanzen) und 1988 (Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen).

Drogenkrieg in Mexiko
Drogenkrieg in Mexiko

Bei genauer Betrachtung der Auswirkungen dieser Verträge ist festzustellen, dass immer mehr Menschen von den wachsenden Nebenwirkungen des illegalen Drogenhandels sowie der Politik, welche diesen zu kontrollieren versucht, betroffen sind. Die globale Entwicklung zeigt, dass der von den Vereinten Nationen eingeschlagene Weg zur Drogenkontrolle gescheitert ist. Statt Freiheit, Gesundheit und Gerechtigkeit begünstigen die nationalen und internationalen Maßnahmen zur Drogenkontrolle Korruption, Kriminalität, Krieg, Zwietracht, Verelendung und Not. Die Glaubwürdigkeit dieser Politik in der breiten Öffentlichkeit schwindet zusehends.

Die „Drogenkontrollmaßnahmen“ der UNO sind als ineffizient und nutzlos zu klassifizieren. Schlimmer noch, sie sind ein großes Hindernis bei der Einführung neuer Strategien, das Problem auf globaler wie auf lokaler Ebene anzugehen. Ein Festhalten an der aktuellen Politik der Verbote wird die Drogensituation weiter verschlechtern. Drogenkonsum ist nicht grundsätzlich ein Problem, dem entgegengewirkt werden muss, sondern der Konsum psychotrop wirkender Substanzen ist als Phänomen wahrzunehmen, das unter bestimmten Voraussetzungen in die Lebenswirklichkeiten der Menschen integrierbar ist und dort einen berechtigten Platz haben kann. Voraussetzungen hierfür sind „Drogenkompetenz“, als Basis eines autonom kontrollierten, sozial integrierten und vor allem genussorientierten Konsums, sowie „Drogenmündigkeit“, als Ausgangspunkt von Wert- und Handlungskriterien zur Partizipation von Drogenkonsumenten am Kultur- und Gesellschaftsleben.

Drogenpolitik muss sich den Prinzipien einer guten Regierungsführung unterordnen, wie sie in den universalen Menschenrechtserklärungen, in der Konvention über Biodiversität und in anderen internationalen Abkommen zugrunde gelegt sind. Insbesondere sind die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Rechte sowie das Recht auf kulturelle Vielfalt für alle Individuen zu garantieren.

Die Hanfparade fordert deshalb von den Vereinten Nationen, das Politikfeld „Drogenkontrolle“ respektive „Umgang mit psychotrop wirkenden Substanzen“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Suchtstoffkommission (CND) zu entziehen und der Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) anzuvertrauen. Dies würde zu mehr Freiheit, Gesundheit und Gerechtigkeit auf der Welt führen.

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Die gläserne Frau im Hygienemuseum Dresden

Zur Gesundheit

Die gläserne Frau im Hygienemuseum Dresden

Die Gesundheit des Menschen ist laut Satzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen. Der Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswissenschaftler Klaus Hurrelmann definiert Gesundheit als Zustand des objektiven und subjektiven Befindens einer Person, der gegeben ist, wenn diese Person sich in den physischen, psychischen und sozialen Bereichen ihrer Entwicklung im Einklang mit den eigenen Möglichkeiten und Zielvorstellungen und den jeweils gegebenen äußeren Lebensbedingungen befindet.

Cannabis als Medizin

Aufgabe des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) ist es eigentlich, den Verkehr mit Betäubungsmitteln zum Wohle und gemäß den Bedürfnissen der Patienten zu regeln. Doch für das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) schien das BtMG lange in erster Linie ein Gesetz zur „Verhinderung des Verkehrs mit Betäubungsmitteln“ zu sein. Offensichtlich wurde beim BfArM die Verbotskultur (besser: Verbotsunkultur) höher bewertet als das Wohl der Patienten. Dr. Franjo Grotenhermen, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin IACM), erklärte hierzu im Sommer 2007: Es ist beschämend für ein zivilisiertes Land, dass es für diese Patienten keine andere Lösung findet, als sie wie Verbrecher zu behandeln und ins Gefängnis zu werfen.IACM-News vom 18. August 2007

2009 konnte das erste Mal ein Patient Cannabisblüten aus der Apotheke erhalten. Dies war mit einer Ausnahmegenehmigung möglich, war aber noch immer mit hohen Hürden – wie der „Austherapiertheit“ – verbunden. Auch 2014 war die Kostenübernahme durch Krankenkassen reine Glückssache, da Cannabisblüten kein offiziell zugelassenes Medikament waren. Viele Patienten, für die Blüten die einzige Alternative sind, hatten kein Vermögen mehr, um ständig Apothekenpreise zu bezahlen und mussten so auf ihre Behandlung verzichten.

Im Mai 2011 setzte die Schwarz-Gelb geführte Bundesregierung eine Änderung des Betäubungsmittelrechts durch, welche „Cannabismedikamente“ ermöglichte. 2014 waren Cannabisblüten noch immer nur bei Multipler-Sklerose verschreibungsfähig. Neben der „Nichtvorhergesehenden Nutzung“ bei anderen Krankheitsbildern bleiben für viele Betroffene die natürlichen Cannabisblüten aber dennoch das wirksamere Mittel, eine Erfahrung die schon mit vollsynthetischen Präperaten wie Dronabinol gemacht wurde.

Viele Patienten gingen somit auf den Schwarzmarkt um sich ihre Medizin zu besorgen oder, bei jenen, wo das noch möglich war, fingen an Cannabispflanzen selbst zu ziehen, verbunden mit den Konsequenzen der Strafverfolgung. Erst ein Gerichtsurteil Mitte 2014 zwang die Beamten des Bundeinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dazu, zu einem Anbauantrag nicht Grundsätzlich und Unbegründet abzulehnen. Daraufhin ging das BfArM gegen das Urteil in Berufung.

Die Prohibitionspolitik in der Bundesrepublik Deutschland nahm Elend und Tod Schwerkranker billigend in Kauf und zeigte damit ihr wahres unmenschliches Gesicht – Im hunderttausendfachen Leid der Schmerz-, Krebs-, AIDS- oder MS-Patienten zeigte sich, dass die deutsche Drogenpolitik weit mehr von Sadismus als von Recht und Ethik geprägt war. Weshalb gegen solche staatliche Rechtswidrigkeit nicht schnell und nachhaltig gerichtlicher Rechtsschutz mobilisiert werden konnte, ist unerklärlich.

Die Hanfparade protestierte zwanzig Jahre lang jeweils mit einer Demonstration im Sommer in Berlin gegen diese unmenschliche und rechtswidrige Politik und forderte, dass natürliches Cannabis für Patienten als Medizin zugelassen wird. Nach zwanzig Jahren fand der Protest Gehör und der Bundestag votierte einstimmig für ein Gesetz, das Cannabis als Medizin zugelassen wird.

Cannabis als Medizin Gesetz tritt in Kraft

Ärzte in Deutschland können ab Freitag, 10. März 2017, für viele Krankheiten Cannabisblüten und -extrakte auf Rezept verschreiben, bei schweren Erkrankungen auch auf Kosten der Krankenkassen. Hierzu bemerkt der Deutsche Hanfverband (DHV) in seiner Pressemitteilung vom 9. März 2017: „Dieser Schritt stellt einen Meilenstein für alle Betroffenen und die gesamte Bewegung zur Legalisierung von Cannabis in Deutschland dar. Nach jahrzehntelanger Ignoranz gegenüber dem Leiden von Patienten in Deutschland hat die Regierung endlich ein Einsehen. Dies geschieht jedoch nicht aus reiner Menschlichkeit. Die Regierung wollte damit auch das Recht auf Eigenanbau von Patienten verhindern, der ihnen von immer mehr deutschen Gerichten wegen ihrer Notsituation zugesprochen wurde.

Bundestag votiert einstimmig für Cannabis als Medizin

Einstimmig hat der Bundestag am Donnerstag, 19. Januar 2017, den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften (18/8965) angenommen, wonach künftig schwerkranke Patienten auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung auch mit hochwertigen Cannabis-Arzneimitteln versorgt werden können. An der Abstimmung nahmen weniger als zehn Prozent der Abgeordneten teil.

Nachdem der Bundestag das Gesetz zur Verwendung von Cannabis als Medizin angenommen hatte, hat am 10. Februar 2017 auch der Bundesrat zugestimmt. Das Gesetz wurde dann am 9. März 2017 im Bundesgesetzblatt (BGBl I 2017 S. 403) veröffentlicht und tritt somit am 10. März 2017 in Kraft.

Der große Haken an der Sache

Franjo Grotenhermen, Geschäftsführer der  Internationale Arbeitsgemeinschaft für Cannabinoidmedikamente e.V. (IACM), vermeldete in den ACM-Mitteilungen vom 11. Februar 2017, dass das Gesetz allerdings einen großen Haken habe, wenn es um die Verschreibung dieser Medikamente zulasten der gesetzlichen Krankenkassen geht. Wörtlich heißt es in der Mitteilung: „Ärzte unterliegen einem so genannten Wirtschaftlichkeitsgebot und haben normalerweise ein begrenztes Arzneimittelbudget. Durch Patienten, die teure Medikamente verschrieben bekommen, wird dieses Budget überschritten. Das ist nur möglich, wenn diese Überschreitung im Einzelfall ausreichend begründet ist. Sonst bekommt der Arzt bzw. die Ärztin einen Regress und muss die zu Unrecht verschriebenen Medikamente aus eigener Tasche zurückzahlen. Das wird vermutlich zu einer erheblichen Verunsicherung und Zurückhaltung der Ärzte führen, wenn hier keine Klarstellung erfolgt, die solche Strafzahlungen ausschließt.

Gesundheit und die Riten der Psychonautik

Gesundheit erschöpft sich nicht im Fehlen von Krankheit. Auch das geistige und soziale Wohlergehen gehört zum „Gesund sein“. Gemeinschaftliches Rauchen von Shillums (auch Chillum genannt), Joints und Pfeifen hat eine lange Tradition. Ausgehend vom indischen Subkontinent und dem Himalaya, wo Sadhus rituellen Konsum von Haschisch respektive von Charas (feinstes dunkles von Hand gemachtes Haschisch) praktizieren, wird heute weltweit in ritueller Weise zur seelischen und geistigen Erbauung geraucht. Das gemeinschaftliche Rauchen ist ein altes Kulturerbe und zählt zu den klassischen Riten der Psychonautik. Es dient dem geistigen und sozialen Wohlergehen und ist der Gesundheit (gemäß Satzung der Weltgesundheitsorganisation) förderlich.

Die Lebensfähigkeit solcher Riten zur Förderung des Wohlergehens kann nur gewährleistet werden, wenn es für die Zelebrierung dieser Riten geschützte Räume gibt. Dies ist heute nicht gegeben, da in den allermeisten Staaten der Umgang mit psychotrop wirkenden Substanzen strafrechtlich verfolgt wird und Orte, wo diese Riten zelebriert werden, nicht selten von der Polizei heimgesucht werden.

Ursache für das im Namen des BtMG verübte Unrecht ist die traurige Tatsache, dass ein Teil der Naturwissenschaftler, insbesondere Mediziner, bewusstseinserweiternde Erfahrungen als rein subjektiv einstufen. Außergewöhnliche Bewusstseinszustände, z.B. ein beglückender Rausch, sind einer allgemein anerkannten wissenschaftlichen Untersuchung noch nicht zugänglich. Über ihren „Erlebniswert“ hinaus haben sie derzeit für viele Mediziner keine objektiv fassbare Bedeutung. Es gibt jedoch auch Mediziner, die in der Einnahme psychotrop wirkender Substanzen einen zu nutzenden Segen für die menschliche Gesundheit respektive für das menschliche Wohlbefinden sehen.

Wenn Angst krank macht

Der Schrei - Gemälde von Munch

Die Verfolgung von Cannabiskonsumenten löst bei diesen nicht selten Ängste aus. Dies verhindert jedoch einen Zustand des vollständigen geistigen und sozialen Wohlergehens und verhindert so bei den Betroffenen die Entwicklung respektive die Erhaltung von Gesundheit. Das Verbot des Umgangs mit Marihuana und Haschisch ist somit kontraproduktiv für die Gesundheit der Konsumenten. Dies gilt insbesondere für Personen, die Cannabis zur Selbstmedikation nutzen, z.B. um ihren Drang zum Alkoholkonsum zu kontrollieren.

Zur Förderung von Gesundheit gilt es in diesem Zusammenhang, Drogenkompetenz und Drogenmündigkeit zu fördern, damit ein vernünftiges Risikomanagement zur Schadensminderung machbar wird. Nur so kann das Individuum auf lange Sicht Drogenautonomie erlangen. Autonomie respektive Selbstbestimmung ist das Gegenteil von Abhängigkeit respektive Fremdbestimmung. Drogenautonomie ist somit das Gegenstück zu Drogenabhängigkeit. Drogenautonomie ist ein Zeichen von Gesundheit, Drogenabhängigkeit ein Zeichen von Krankheit.

Die Hanfparade setzt sich für eine Legalisierung des Umgangs und für einen Schutz des rituellen und hedonistischen Gebrauchs von Cannabis ein. Wir wollen, dass sich Menschen in den physischen, psychischen und sozialen Bereichen ihrer Entwicklung im Einklang mit den eigenen Möglichkeiten und Zielvorstellungen ohne Angst vor Repression entfalten können.

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Über die Freiheit

Die Freiheit führt das Volk auf die Barrikaden

Der Freiheitsbegriff, der dem heutigen Verständnis zugrunde liegt, wurde im Zeitalter der Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert entwickelt. Die Berufung auf die Vernunft als universelle Urteilsinstanz gilt als zentrales Element der Aufklärung. Erst die Zugrundelegung allgemeiner Menschenrechte garantierte bürgerliche Freiheiten.

Der englische Philosoph und Vordenker der Aufklärung John Locke erklärte in dem Werk „Two Treatises of Government“ (1690) den Naturzustand für den „Zustand vollkommener Freiheit, innerhalb der Grenzen des Naturgesetzes seine Handlungen zu lenken und über seinen Besitz und seine Person zu verfügen, wie es einem am besten scheint – ohne jemandes Erlaubnis einzuholen und ohne von dem Willen eines anderen abhängig zu sein.

Der Franzose Voltaire prägte mit seinem Ausspruch das Prinzip der Meinungsfreiheit:

Ich bin nicht Eurer Meinung, aber ich werde darum kämpfen, dass Ihr Euch ausdrücken könnt.

Nach dem kantschen Freiheitsbegriff ist Freiheit nur durch Vernunft möglich. Ohne Vernunft folgt der Mensch einem Tier gleich seinen Trieben. Kraft der Vernunft aber ist der Mensch in der Lage, das Gute zu erkennen und sein eigenes Verhalten dementsprechend pflichtgemäß auszurichten. Da nach Kant nur der sich bewusst pflichtgemäß, also moralisch verhaltende Mensch frei ist, sind „freies Handeln“ und „moralisches Handeln“ bei Kant ebenso Synonyme wie der freie Wille und der gute Wille.

Niemand kann mich zwingen, auf seine Art (wie er sich das Wohlsein anderer Menschen denkt) glücklich zu sein, sondern ein jeder darf seine Glückseligkeit auf dem Wege suchen, welcher ihm selbst gut dünkt, wenn er nur der Freiheit Anderer, einem gleichem Zwecke nachzustreben, die mit der Freiheit von jedermann nach einem möglichen allgemeinen Gesetze zusammen bestehen kann, (das ist diesem Rechte des Andern) nicht Abbruch tut.

In seiner bekanntesten Schrift „On Liberty“ (dt.: „Über die Freiheit„) setzt der britische Philosoph und Nationalökonom John Stuart Mill das Limit,
dass der einzige Grund, aus dem die Menschheit, einzeln oder vereint, sich in die Handlungsfreiheit eines ihrer Mitglieder einzumischen befugt ist: sich selbst zu schützen. Dass der einzige Zweck, um dessentwillen man Zwang gegen den Willen eines Mitglieds einer zivilisierten Gesellschaft rechtmäßig ausüben darf: die Schädigung anderer zu verhüten.

Menschenrechte und Freiheit

Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 enthält eine Präambel und 17 Artikel, welche die grundlegenden Bestimmungen über den Menschen, seine Rechte und den Staat festschreiben. Darin wird erklärt, dass es natürliche und unveräußerliche Rechte wie Freiheit, Eigentum, Sicherheit und Widerstand gegen Unterdrückung geben muss. Alle Menschen müssen als gleich gelten, besonders vor dem Gesetz und dem Recht. Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 gehört zu den Grundlagen moderner freiheitlich demokratischer Rechtsstaaten. So heißt es in Artikel IV:

„Die Freiheit besteht darin, alles tun zu dürfen, was einem anderen nicht schadet: Die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen hat also nur die Grenzen, die den anderen Mitgliedern der Gesellschaft den Genuss ebendieser Rechte sichern. Diese Grenzen können nur durch das Gesetz bestimmt werden.“

Und in Artikel V heißt es:

„Das Gesetz darf nur solche Handlungen verbieten, die der Gesellschaft schaden. […]“

Der Genuss psychotrop wirkender Substanzen (sprich: die Seele bewegend) wie Cannabis beeinträchtigt die Rechtsgüter anderer Menschen nicht und darf deshalb aus ethischer Sicht auch nicht strafbewehrt sein. Dazu gehören auch Vorbereitungshandlungen wie der Anbau, Erwerb und Besitz. Jeder muss auf seine Art genießen können. Und niemand darf, solange der Genuss nicht auf Kosten oder zu Lasten anderer erfolgt, ihn in seinem eigentümlichen Genuss stören.

Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) hingegen verstößt in gravierender Weise gegen dieses Grundprinzip der Menschen- und Bürgerrechte, die jedem die Freiheit einräumen, all das zu tun, was keinem anderen schadet.

Gesetzesänderungen gegen Freiheitsrechte

Gottfried Wilhelm von Leibniz
  • Negative Freiheit (Freiheit von etwas) bezeichnet einen Zustand, in dem keine von anderen Menschen ausgehenden Zwänge ein Verhalten erschweren oder verhindern.
  • Positive Freiheit (Freiheit zu etwas) bezeichnet einen Zustand, in dem die Möglichkeit der passiven Freiheit auch tatsächlich genutzt werden kann oder nach noch weitergehender Auffassung einen Zustand, in dem die Möglichkeit tatsächlich genutzt wird.

Ein Beispiel für negative Freiheit ist die Möglichkeit, in Ruhe und Frieden sein Gras rauchen oder seine Haschischkuchen backen zu können, ohne dabei von Polizisten gestört oder verfolgt zu werden. Auch seine Meinung bezüglich verschiedener Haschischsorten frei äußern zu dürfen, ist ein Beispiel negativer Freiheit. Beides ist derzeit nicht möglich, da die geltenden Gesetze diese Freiheiten einschränken, obwohl keine Drittpersonen durch die Ausübung dieser Freiheiten eingeschränkt würden. Im Sinne der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte sind solche Gesetze unzulässig. Deshalb setzt sich die Hanfparade für eine die Freiheit respektierende Änderung der Gesetze ein.

Wahre positive Freiheit würde im erstgenannten Beispiel bedeuten, dass es auch erlaubt sein muss, sein Marihuana selbst anzubauen oder auch bei einem Händler zu erwerben. Im zweiten Beispiel darf die Freiheit nicht beim Zugang zu Informationen enden, den Quellen darf auch keinerlei Repression wegen vermeintlicher „Drogen-Empfehlungen“ drohen.

Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) stellt die Vorbereitungshandlungen (Anbau, Erwerb, Besitz) für den Genuss bestimmter psychotroper Substanzen unter Strafe (Strafwürdig ist der Umgang mit in den Anlagen I bis III zu § 1 BtMG aufgeführten Substanzen). Für die Vorbereitungshandlungen zum Genuss anderer psychotroper Substanzen sieht das BtMG hingegen keine Strafe vor. Cannabisprodukte sind in den Anlagen aufgeführt und somit ist der Umgang mit ihnen von Strafe bedroht. Die Wissenschaft ist sich jedoch sicher, dass der Umgang mit Haschisch und Marihuana weniger schädlich ist als beispielsweise der Umgang mit Alkohol, der straffrei ist. Die im gesetzten Recht festgelegte Liste der „verbotenen Stoffe“ kann deshalb nur als willkürlich bezeichnet werden. Sie ist nicht gerecht (unerträglich ungerecht). Sie ist „unrichtiges Recht„.

Deshalb setzt sich die Hanfparade für eine die Freiheit respektierende Änderung des BtMG, respektive die Abschaffung der derzeitigen fundamentalistischen (nicht auf Vernunft basierenden und repressiven Drogenpolitik ein.

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Was würden Sie wählen...

Ziele & Motto der Hanfparade

Was würden Sie wählen...

Die Hanfparade ist eine Demonstration für die „Legalisierung von Cannabis als Rohstoff, Medizin und Genussmittel“. Was wir darunter verstehen, erfährst Du in diesem Teil unserer Website.

Unter „Ziele & Motto“ findest Du Informationen zu vielen Aspekten des deutschen Betäubungsmittelrechts, über unser Verständnis von einer humanistischen Suchtpolitik und eine breite Palette anderer Dokumente zum Mit- und Nachdenken.

Berliner Deklaration

Die Berliner Deklaration aus dem Jahr 2018 ist eine Zusammenstellung unserer Überzeugungen verbunden mit einem Forderungskatalog an die Bundesregierung. Ja, wir sind der Überzeugung, dass Drogenkontrollen – ausgenommen im Straßenverkehr oder bei bestimmten beruflichen Anforderungen – irrationale Akte sozialer Kontrolle ohne generalpräventive Wirkung sind, die grundlegende Menschenrechte verletzen.

Drogenprobleme lassen sich nicht strafrechtlich, sondern nur mit wissenschaftlich fundierter Aufklärung und durch kulturelle Integration lösen. Aufklärung zu Erlangung von Drogenkompetenz, Drogenmündigkeit und Drogenautonomie (das Gegenteil von Drogenabhängigkeit) ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Der Staat darf die Bürger durch die Drogenpolitik nicht schädigen. Es ist deshalb notwendig, Schaden und Nutzen der Drogenpolitik ideologiefrei wissenschaftlich zu überprüfen. Das kann nach unserer Auffassung nur dazu führen, die Drogenprohibition aufzugeben und legale Bezugswege zu schaffen, weil wir wissen, dass die derzeitigen Drogenkontrollmaßnahmen als ineffizient und nutzlos zu klassifizieren sind.

Sie sind ein großes Hindernis zur Einführung von neuen Strategien, um das Problem sowohl auf globaler wie auf lokaler Ebene anzugehen, darstellen. Es ist zu befürchten, dass die Verstärkung der aktuellen Politik zu einer Verschlechterung der Drogensituation beiträgt und zunehmend die Glaubwürdigkeit dieser Politik in der breiten Öffentlichkeit im allgemeinen schwindet.

Michael Kleim: Theologe und Bürgerrechtler - Hanfparade 2012
Markus Berger: Wir sind Gras! - Hanfparade 2012
Hanfparade 2014: Maximilian Plenert - akzept e.V.

Themenübersicht im Bereich Ziele und Motto

Kupferstichzeichnung von Voltaire und Diderot im Cafe Procope

Menschenrechte und Freiheit

Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte (Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen) ist einer der Grundtexte, mit dem am 26. August 1789 die Demokratie und Freiheit in Frankreich und in der Folge in ganz Europa begründet wurden.
Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte beinhaltet eine Präambel und 17 Artikel. Sie enthalten die grundlegenden Bestimmungen über den Menschen, seine Rechte und die Nation. Sie erklärt, dass es natürliche und unveräußerliche Rechte wie Freiheit, Eigentum, Sicherheit und Widerstand gegen Unterdrückung geben muss. Jeder Mensch muss gleich sein, besonders vor dem Gesetz und dem Recht.

Das Kaffeehaus – Geburtsort der Menschenrechte

Die Idee der natürlichen und unveräußerlichen Menschenrechte wurde in Paris in einem Kaffeehaus ausformuliert. Dies geschah zu einer Zeit, als Kaffeehäuser seitens der Behörden beobachtet wurden wie heute einschlägige Treffpunkte, an denen sich Kiffer treffen.
Das Kaffeehaus bildete zu jener Zeit oft den äußeren Rahmen für die Vertiefung und Organisation des bürgerlichen Selbstbewusstseins. Seine Bedeutung erhielt es als öffentlicher, praktisch jedem zugänglicher, gesellschaftlicher Treffpunkt, den es so vorher nicht gab. Im Sinne bürgerlicher Emanzipation bildete sich hier eine Gegenwelt zum höfischen Leben des Adels und eine Kultur um den Kaffee, die den Aufstieg der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft ebenso begleitete wie die Integration des Kaffees die Gesellschaft. Gleichzeitig trafen sich hier kritische und fortschrittliche Denker um ihre Ideen auszutauschen. Kein Wunder also, dass die Obrigkeiten die Kaffeehäuser (besonders aus politischen Gründen) kontrollieren ließen und zudem auch immer wieder versuchten, sie zu verbieten.

Das Kaffeehaus „Procope“

Kupferstichzeichnung von Voltaire und Diderot im Cafe Procope
Kupferstichzeichnung von Voltaire und Diderot im Cafe Procope

In Paris wurde das erste Kaffeehaus im Jahre 1671 eröffnet. Achtzehn Jahre später, 1689, eröffnete der Sizilianer Francesco Procopio di Cotelli im Bezirk Saint-Germain-des-Prés in der Straße der Alten Komödie (rue de l’Ancienne Comédie) das Kaffeehaus „Procope“, das bis heute existiert. Drei Jahre später eröffnete in der gleichen Straße die „Comédie-Française“. Durch die Eröffnung des Theaters in der selben Straße entwickelte sich das „Procope“ rasch zum bekanntesten Literatencafé Frankreichs. Autoren und Intellektuelle wie Voltaire (François Marie Arouet), Jean-Jaques Rousseau, Denis Diderot, Jean le Rond d’Alembert und Anführer der Revolution wie Georges Jacques Danton (Rechtsgelehrter) und Jean-Paul Marat (Arzt, Wissenschaftler, Politologe, Schriftstelle, Journalist) verkehrten regelmäßig im „Procope“. Diderot und d’Alembert entwickelten im „Procope“ das Konzept der modernen Enzyklopädie und gaben 1751 in Paris den ersten Band der „Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers“ heraus.

Das Propoce – Benjamin Franklins Stammkneipe

Benjamin Franklin in einem Gemälde von Jean-Baptiste Greuze
Benjamin Franklin in einem Gemälde von Jean-Baptiste Greuze

Benjamin Franklin, Verleger, Staatsmann, Schriftsteller, NaturwisUnsere Philosophiesenschaftler, Erfinder und Naturphilosoph diskutierte im „Procope“ mit Künstlern und Intellektuellen die Konzepte einer modernen Verfassung und schrieb dort wesentliche Passagen der „Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika“. Franklin war nicht nur Mitunterzeichner der „Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika“ (Declaration of Independence; offiziell: The unanimous Declaration of the thirteen united States of America) vom 4. Juli 1776, des „Friedens von Paris“ (Ende des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges) vom 3. September 1783 und der „Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika“ vom 17. September 1787, sondern auch Erfinder des Blitzableiters (1752) und Begründer der ersten Leihbibliothek der Welt. Diderot und d’Alembert bezeichneten Franklin als „Verkörperung der praktischen Weisheit“ und Voltaire soll ihn mit den Worten charakterisiert haben: „Er entriss dem Himmel den Blitz und den Tyrannen das Zepter“.

Das Kaffeehaus „Procope“ war auf jeden Fall eine Geburtsstätte neuer Ideen, die für manche Machthaber jener Zeit nicht ganz unbegründet bedrohlich erschienen. Dies Tatsache, dass das „Procope“ für viele andere Kaffeehäuser Vorbildcharakter hatte, machte Kaffeehäuser generell suspekt für bestimmte Kreise der Obrigkeit. Trotz Revolution blieb das Kaffeehaus „Procope“ in Paris, wie auch die meisten Kaffeehäuser in der Stadt, seitens der Behörden unbehelligt.

Die Erklärung der Menschenrechte

Bildnis von Marquis de La Fayette
Bildnis von Marquis de La Fayette

Marquis de La Fayette, der auf der Seite der Kolonisten am Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg teilnahm, wurde 1789 in Frankreich Mitglied der Generalstände und brachte nach amerikanischem Vorbild als einer der ersten einen Entwurf zu einer Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte in die neue Nationalversammlung ein. Die am 26. August 1789 von der Nationalversammlung verkündete Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, Produkt einer langwierigen Debatte und unzähliger Entwürfe sowie Änderungsanträgen, beruhte jedoch nur mittelbar auf seinen Entwurf. Doch das Leitmotiv der Menschenrechte, das in Artikel 4 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte festgeschrieben wurde, entspricht ganz seiner Überzeugung:

Die Freiheit besteht darin, alles tun zu dürfen, was einem anderen nicht schadet: Die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen hat also nur die Grenzen, die den anderen Mitgliedern der Gesellschaft den Genuss eben dieser Rechte sichern. Diese Grenzen können nur durch das Gesetz bestimmt werden.

Die Kirche und die Menschenrechte

Am 10. März 1791 verurteilte Papst Pius VI. die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte. Und bis heute hat der Vatikan als einziger Staat in Europa die Europäische Menschenrechtskonvention nicht unterzeichnet. Der freiheitliche und demokratische Rechtsstaat, der auf den natürlichen und unveräußerlichen Menschenrechten basiert, ist nicht, wie oft behauptet wird, ein Kind der so genannten „christlich abendländischen Wertegemeinschaft“, sondern das Kind der Französischen Revolution und somit das Kind der „revolutionären abendländischen Wertegemeinschaft“.

Bildnis von Gabriel de Riqueti, comte de Mirabeau
Bildnis von Gabriel de Riqueti, comte de Mirabeau

So waren für den Marquis de Mirabeau der Adel und die Kirche die Haupthindernisse für die Freiheit. Mirabeau, der Abgeordneter und eine der führenden Personen während der Anfangszeit der Französischen Revolution war, wurde 1790 Präsident des Jakobinerklubs und hielt 1791 den präsidialen Vorsitz der Nationalversammlung. Parallel zu seinen politischen Aktivitäten fertigte der schriftstellerisch begabte Mirabeau im Verborgenen einige erotische Werke an, die bis heute einen großen Anklang finden. Sein Roman „Le Rideau levé, ou l’Education de Laure“ (Der gelüftete Vorhang oder Lauras Erziehung) erschien 1786 (anonym). Sein Roman ist eines der freizügigsten erotischen Bücher der Aufklärung, mit dem Mirabeau für sexuelle Freiheit und Selbstbestimmung der Geschlechter plädiert sowie für die Notwendigkeit einer Verbindung zwischen geistiger mit körperlicher Liebe. Nur dadurch entstehe seiner Meinung nach das vollkommene Glück. Dieses Weltbild passt in das philosophische Selbstverständnis der Aufklärung, welches die größtmögliche Glückseligkeit der Menschen als Ideal sah.
Zu weiteren Klassikern der erotischen Literatur der Aufklärung wurden auch die „Stufenleiter der Wollust“ (1798), wo Mirabeau seinen jugendlichen Helden auf so manchen Gipfel des Genusses führt, und „Die Gespräche der Aloisia“, wo ebenfalls der ausschweifende Lebensgenuss zum Thema gemacht wurde.

Die Menschen- und Bürgerrechte wurden von Personen initialisiert, die weit mehr einer hedonistischen Lebensweise frönten und weit weniger einer christlich-asketischen Lebensart folgten. Deshalb muss die Verknüpfung der Menschenrechte mit dem Wirken der christlichen Kirchen als propagandistische Irreführung bezeichnet werden. Schließlich sind die christlichen Kirchen respektive die von ihnen beeinflussten Staatsregierungen über Jahrhunderte hinweg nicht durch ein Engagement für Menschenrechte aufgefallen, sondern durch Vernichtung von Kulturen und Völkermord sowie durch Ausbeutung und Sklaverei.

Französische Verfassung vom 3. September 1791

Frankreichs Verfassung vom 3. September 1791, von der Verfassunggebenden Nationalversammlung genau vier Monate nach der Verfassung Polens (erste moderne Verfassung eines europäischen Landes) verabschiedet, entstand im Zuge der Französischen Revolution. Mit ihr wurde das revolutionäre Frankreich von einer absolutistischen in eine konstitutionelle Monarchie umgewandelt, was allerdings nur rund ein Jahr Bestand hatte. Dennoch ist diese Verfassung ein Meilenstein der Rechtsgeschichte, denn nie zuvor wurden in einer Verfassung eines Staates die Menschenrechte so klar umrissen und definiert wie in jener vom 3. September 1791. So heißt es im Titel I:

„Grundeinrichtungen, von der Verfassung verbürgt“, Nr. 3

Die gesetzgebende Gewalt kann keine Gesetze erlassen, welche die Ausübung der natürlichen und bürgerlichen Rechte, die in diesem Abschnitt bezeichnet und durch die Verfassung verbürgt sind, beeinträchtigen oder hindern. Und da die Freiheit nur darin besteht, alles das tun zu können, was weder den Rechten eines anderen noch der öffentlichen Sicherheit schadet, kann das Gesetz Strafen gegen die Handlungen festsetzen, welche die öffentliche Sicherheit oder die Rechte eines anderen angreifen und dadurch der Gesellschaft schaden würden.

Diese Formulierung impliziert, dass Gesetze, die die persönliche Freiheit einschränken, nur erlassen werden dürfen, wenn dies unabdingbar zur Gewährleistung der persönlichen Freiheit aller anderen ist oder die öffentliche Sicherheit dies erfordert. Alle anderen Einschränkungen der persönlichen Freiheit sind somit nicht rechtens.

Georg Büchner und die Menschenrechte

Bildnis von Georg Büchner
Bildnis von Georg Büchner

Welche Irrungen und Exzesse Beschränkungen der Freiheit, die dieser Maxime zuwiderlaufen, zur Folge haben können, beschrieb Georg Büchner in anschaulicher Weise in dem Drama Dantons Tod. Büchner schrieb das Drama von Januar bis Februar 1835. Im gleichen Jahr erschien eine von Karl Gutzkow herausgegebene Fassung im Literatur-Blatt Eduard Dullers „Phönix. Frühlings-Zeitung für Deutschland“ und eine Buchfassung mit dem von Duller zur Beschwichtigung der Zensur erdachten Untertitel „Dramatische Bilder aus Frankreichs Schreckensherrschaft“. Das Stück ist damit das einzige noch zu Lebzeiten Büchners veröffentlichte Drama – wenn auch in stark zensierter Fassung. Die Uraufführung fand erst am 5. Januar 1902 im Berliner Belle-Alliance-Theater als Produktion des Vereins Neue Freie Volksbühne statt, da das Stück lange Zeit als unspielbar galt.

Im Ersten Akt legt Büchner in Anlehnung an die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte dem Politiker aus der Zeit der Französischen Revolution Marie-Jean Hérault de Séchelles die folgenden Worte in den Mund:
In unsern Staatsgrundsätzen muss das Recht an die Stelle der Pflicht, das Wohlbefinden an die der Tugend und die Notwehr an die der Strafe treten. Jeder muss sich geltend machen und seine Natur durchsetzen können. Er mag nun vernünftig oder unvernünftig, gebildet oder ungebildet, gut oder böse sein, das geht den Staat nichts an. Wir alle sind Narren, es hat keiner das Recht, einem andern seine eigentümliche Narrheit aufzudringen. – Jeder muss in seiner Art genießen können, jedoch so, dass keiner auf Unkosten eines andern genießen oder ihn in seinem eigentümlichen Genuss stören darf.

Der Büchnerpreis

Nach Georg Büchner ist einer der bedeutendsten Literaturpreise im deutschsprachigen Raum benannt. Der Büchnerpreis wurde erstmalig am 11. August 1923 vom Volksstaat Hessen gestiftet und in der Landeshauptstadt Darmstadt in einer Feierstunde übergeben. Der Volksstaat Hessen war ein selbständiges deutsches Land und Bestandteil des Deutschen Reichs. Er entstand nach der Absetzung des Großherzogs Ernst Ludwig am 8. November 1918 aus dem Großherzogtum Hessen. Der Begriff Volksstaat bedeutet Demokratie im Gegensatz zur vormaligen konstitutionellen Monarchie. Im Volksstaat Hessen fühlte man sich in den 20er Jahren den Staatsgrundsätzen, wie sie von Büchner ausformuliert wurden, offenbar sehr verpflichtet und benannte deshalb den Literaturpreis nach ihm. In Hessen galt mal der Grundsatz: Jeder muss in seiner Art genießen können, jedoch so, dass keiner auf Unkosten eines andern genießen oder ihn in seinem eigentümlichen Genuss stören darf.

Quellen

von Hans Cousto