VfD zur Cannabislegalisierung

Der Verein für Drogenpolitik (VfD) ist ein Verein der bundesweit drogenpolitisch interessierte Einzelpersonen, Wissenschaftler und Gruppen organisiert. Hauptaufgabe ist es der drogenpolitischen Diskussion einen Platz zu geben und gemeinsame Vorstellungen und Impulse in den politischen Diskurs und die Bevölkerung zu tragen.

Zu den Forderungen gehören die Legalisierung von Cannabisprodukten und die Abgabe von Heroin an Suchtkranke. Der VfD möchte aber den ganzen Bereich der Drogenpolitik betrachten und gesellschaftlich tragfähige Ideen entwickeln. Im Jahr 2002 gab der VfD die Broschüre „Cannabisreform in Deutschland: Argumente und Fakten – Eine politische Bestandesaufnahme“ heraus. Derzeit wird die Broschüre für eine Neuauflage überarbeitet und aktualisiert. Argumente gegen und für eine Cannabislegalisierung werden darin einander gegenübergestellt. Ein paar Auszüge aus dem Argumentarium, die hier wiedergegeben sind, zeigen, warum das Cannabisverbot irrational ist und die Legalisierung von Cannabisprodukten vernünftig erscheint.

Ein Joint für die Legalisierung - Aktion des Vereins für Drogenpolitik e.V.

Immer mehr Cannabiskonsumenten bedürfen einer Drogenbehandlung

Seit Jahren erklären die Drogenbeauftragten der Bundesregierung gebetsmühlenartig, dass immer mehr Canabiskonsumenten eine Drogenberatungsstelle aufsuchen. Dabei verschweigen sie jedoch die wahren Gründe des eigentlichen Behandlungsbedarfes:

„Immer mehr Cannabiskonsumenten bedürfen offensichtlich einer Behandlung. Waren es 1997 noch 6.300 Cannabispatienten, befanden sich 1998 bereits 8.700 und 1999 schließlich 11.000 Konsumenten in Behandlung“

Hubert Hüppe, drogenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

„Die Zahl derjenigen, die in Beratungsstellen betreut werden, ist gestiegen und beträgt etwa 20 % der behandelten Klienten in ambulanten Drogenberatungsstellen, insgesamt.“

Marion Caspers-Merk, Bundesdrogenbeauftragte, SPD

„Die Zahl der abhängigen Cannabiskonsumenten in Deutschland wird auf etwa 240.000 Personen geschätzt. In den Sucht- und Drogenberatungsstellen kommen zwar mehr und mehr Cannabiskonsumenten zur Beratung. Aber obwohl sich diese Zahl von 2001 bis 2005 mehr als verdoppelt hat, sind es pro Jahr nur knapp über 18.000 Personen. Was ist mit den anderen 220.000 Cannabisabhängigen? Wer sorgt für deren Gesundung? Wer kann für deren Behandlung sorgen?“

Sabine Bätzing, Bundesdrogenbeauftragte, SPD

Genau wie die Befürworter der Fortsetzung des strafrechtlichen Verbots wollen auch wir Reformer Schäden verhindern oder zumindest minimieren. Wir denken aber, dass die Bestrafung von Menschen nicht der geeignete Weg dazu ist:

  • Diese Zahlen zeigen in erster Linie, dass das derzeitige Verbot gar nicht geeignet ist, die Entstehung von Problemen zu verhindern, weil es weder durchsetzbar ist, noch eine konsumminimierende Wirkung hat. Offizielle Studien zeigen schließlich, dass regelmäßiger Cannabiskonsum in Deutschland nicht seltener ist als in den Niederlanden, wo Cannabis de-facto legalisiert ist. Wie soll das Verbot die Schäden minimieren können, wenn es nicht einmal den Konsum minimiert?
  • Von den geschätzten 12,4 Millionen Personen mit Cannabiserfahrung (Lebenszeitprävalenz) in Deutschland werden weniger als 2% (240.000) von der Drogenbeauftragten als „abhängig“ bezeichnet, von den geschätzten 3,8 Millionen aktuellen Konsumenten (12-Monats-Prävalenz) somit etwa 6%. Insgesamt begeben sich jährlich gemäß Sabine Bätzing etwa 18.000 Personen wegen Cannabis zu einer Beratung, das sind 0,15% von allen Personen mit Cannabiserfahrung respektive 0,47% der aktuellen Konsumenten. Verschwiegen hat die Drogenbeauftragte dabei, dass von den Personen, die eine Beratung aufsuchen, nur etwa 15% diese freiwillig aufsuchen und alle anderen auf Druck von Justiz, Polizei, Schule oder Elternhaus (Evaluierung Landschaftsverband Westfalen-Lippe Januar bis Juni 2006). De facto begeben sich in Deutschland somit weniger als 3.000 Personen (genauer 2.700 Personen) aufgrund eines originären Cannabisproblems aus freien Stücken in eine Beratung, das sind 0,02% aller Personen mit Cannabiserfahrung respektive 0,07% aller aktuellen Konsumenten. Der Bedarf an Beratung scheint somit nach wie vor eher gering zu sein, auch wenn die Drogenbeauftragten stets (unter Weglassung wesentlicher Kriterien) versuchen, mit Zahlenverhältnissen die Notwendigkeit des Ausbaus regierungsamtlicher Aktivitäten im Beratungsbereich zu untermauern.
  • Vergleicht man die Therapiehäufigkeit mit der Häufigkeit von Strafverfolgung gegen Konsumenten, dann ist Kriminalisierung in der Praxis ein wesentlich häufigeres Problem als problematischer Konsum:

    Therapie und Strafverfolgung – ein krasses Missverhältnis

    Maßnahme Jahr
      1992 1997 2002 2007
    Therapie: ambulante Behandlung 2.561 4.558 14.714 18.000
    Strafanzeigen Cannabis: allgemeine Verstöße 31.956 64.456 100.779 102.931
    Strafanzeigen Cannabis: gesamt 48.267 91.352 139.082 141.391

    Quellen:

    • BKA (Polizeiliche Kriminalstatistik: Zeitreihe 1987-2007)
    • Institut für Therapieforschung (IFT): Cannabisbezogene Störungen, München 2004

Juristische Probleme sind damit für Cannabiskonsumenten eine wesentlich häufigere Konsequenz des Konsums als ein Besuch bei einer Drogenberatung. Die Anzahl der Menschen die mit Cannabis so ernste Probleme haben, dass sie eine Beratungsstelle aufsuchen, müsste sich also vervielfachen, um auch nur die Zahl derer zu erreichen, die derzeit durch die Strafverfolgung in Schwierigkeiten gebracht werden.

Die niederländische Drogenpolitik sei gescheitert

Bei solchen Behauptungen wird oft darauf verwiesen, dass der Cannabiskonsum in den Niederlanden in den späten 80er Jahren zugenommen hat oder dass das Land zum Tummelplatz von Schmugglern verkomme. Beiden Behauptungen basieren auf einem Körnchen Wahrheit, verfehlen aber das Ziel:

  • Der Besitz kleiner Mengen von Cannabis wurde in den Niederlanden bereits 1976 entkriminalisiert. Daher fällt es schwer, eine Zunahme des Konsums über Jahrzehnte später damit in Verbindung zu bringen. Tatsächlich hat der Cannabiskonsum auch in anderen Ländern zugenommen. In Deutschland etwa hat sich die Anzahl der polizeilich registrierten Cannabisfälle in den letzten 15 Jahren etwa verdreifacht. Das hat mehr mit Entwicklungen in der internationalen Jugendkultur zu tun als mit dem rechtlichen Status der Droge. Nach wie vor ist der Cannabiskonsum in den Niederlanden nicht so weit verbreitet wie in Deutschland und deutlich weniger verbreitet als in den USA oder Großbritannien.
  • Eine Untersuchung des niederländischen Gesundheitsministeriums (Dutch Ministry of Health, Welfare and Sport – VMS) kam um die Jahrtausendwende zum Schluss, dass Jugendliche in den Niederlanden sich bezüglich ihres Cannabiskonsumverhaltens kaum von den Jugendlichen in anderen Ländern unterscheiden. Während 13% der Jugendlichen in den Niederlanden im letzten Monat Cannabis konsumiert hatten, war die Zahl für England und die USA 24% bzw. 21%.
  • Nach Angaben des European Monitoring Center for Drugs and Drug Addiction (EMCDDA) in Lissabon konsumierten im Jahr 2005 in den Niederlanden nur etwa halb so viele 15-24jährige Cannabis (11,4%) innerhalb der letzten 12 Monate wie in Dänemark (20,5%), Deutschland (22,1%), Frankreich (21,7%), England (21,4%) oder Spanien (24,3%). Die freie Verfügbarkeit führt somit nicht zu einer erhöhten Konsumentenzahl.
  • Dass illegale Drogen aus den Niederlanden nach Frankreich und Deutschland geschmuggelt werden liegt u.a. daran, dass ein großer Teil des Güterverkehrs auf dem Seeweg für diese Länder über die Niederlande eingeführt wird und Drogenhändler ihre Lieferungen bevorzugt im gewerblichen Güterverkehr verstecken. Rotterdam ist der größte Hafen der Welt. Er setzt jährlich mehr Fracht um als Hongkong oder Singapur oder als Hamburg, Antwerpen und Marseille zusammengenommen! Mit der Cannabisentkriminalisierung hat das absolut nichts zu tun, denn außer der Abgabe und dem Besitz von bis zu fünf Gramm Cannabis werden in den Niederlanden nach wie vor alle Drogendelikte strafrechtlich verfolgt, mit Haftstrafen bis zu 16 Jahren.
  • Nach einem Bericht des US-Aussenministeriums kommt 50% des Haschischs, das in den Niederlanden verkauft wird, über das streng prohibitionistische Frankreich ins Land, ebenso wie 80% des Heroins über Deutschland in die Niederlande eingeschmuggelt wird.

Aufgrund der Prävalenzzahlen des Cannabiskonsums muss die Drogenpolitik von Dänemark, Deutschland, Frankreich, England, Spanien und von zahlreichen anderen Ländern Europas weit mehr als gescheitert bezeichnet werden als die Drogenpolitik der Niederlanden.

Das Ziel des Verbots ist utopisch

Kein einziges Land der Welt hat es bisher geschafft, den Cannabiskonsum auszumerzen. Warum sollte das ausgerechnet bei uns anders sein?

  • In Ägypten wurde Haschisch im Jahre 1896 verboten. Der Handel wird heute mit bis zu 25 Jahren Gefängnis bestraft. Dennoch gibt es in Ägypten 1,5 Millionen Cannabiskonsumenten.
  • Das Cannabisverbot wurde in den USA schon vor 70 Jahren erlassen. Für Anbau und Vertrieb größerer Mengen kann man eine lebenslängliche Haftstrafe bekommen. Dennoch gibt es dort heute mehr Cannabiskonsumenten denn je. Derzeit haben 70 Millionen US-Amerikaner Cannabiserfahrung, 18 Millionen konsumierten im vergangenen Jahr Cannabis und zehn Millionen im vergangenen Monat. Zudem sind die USA das Land mit der größten Cannabisproduktion zu Rauschzwecken weltweit.
  • In den 80er Jahren, als der Eiserne Vorhang noch bestand und die Grenzen zwischen EU-Staaten noch nicht offen waren, war es schon unmöglich, den Cannabisschmuggel zu stoppen. Heute fällt es noch viel schwerer, die Einfuhr zu unterbinden, da der internationale Warenverkehr immer mehr zunimmt.

Das Cannabisverbot ist nicht rational begründet

Vor dem Cannabisverbot auf der Genfer Opiumkonferenz von 1925 wurde keine einzige wissenschaftliche Studie zu den Auswirkungen von Cannabiskonsum eingeholt. Die Behauptungen mit denen Cannabis damals verboten wurde, waren unwahr und wurden später widerlegt. Jede größere Untersuchung zu Cannabis in den letzten über 100 Jahren hat sich gegen eine Kriminalisierung der Konsumenten ausgesprochen (hier ist nur eine kleine Auswahl davon):

  • Indische Hanfdrogenkommission (1894)
  • Panamakanalstudie des US-Militärs (1916-29)
  • New Yorker LaGuardia-Kommission (1944)
  • Baroness Wootton-Bericht (Grossbritannien, 1968)
  • Ledain-Kommission (Kanada, 1972)
  • Shafer-Kommission (USA, 1972)
  • Baan-Bericht (Niederlande, 1972)
  • Cannabisbericht der Eidgenössischen Kommission für Drogenfragen (Schweiz, 1999)
  • Bericht der Police Foundation (Großbritannien, 2000)
  • Bericht der Ganja-Kommission (Jamaika, 2001)
  • Bericht der Nolin-Kommission (Kanada, 2002)

Alle diese Studien sprachen sich gegen ein Verbot bzw. für eine Cannabisentkriminalisierung aus. Tatsächlich gab es im Zeitraum von über einem Jahrhundert keine einzige Regierungskommission weltweit, die dieses Problem ausführlich untersucht hätte und nicht zum selben Ergebnis gekommen wäre. Nachdem die ursprüngliche Begründung widerlegt wurde und dies auch von zahlreichen durch Regierungen in aller Welt eingesetzten Kommissionen festgestellt und bestätigt worden ist, besteht das Verbot grundlos weiter. Hans Cousto (Mitglied des wissenschaftlichen Beirates) Verein für Drogenpolitik Berlin, im Juli 2008 Schau nach auf www.drogenpolitik.org!