Mittel, Stoffe und Substanzen

Mit dem Gesetz zur Neuordnung des Betäubungsmittelrechts vom 28. Juli 19811 wurde nicht nur für die besonders schweren Fälle eine Erhöhung der Strafobergrenze von 10 auf 15 Jahren Freiheitsstrafe vorgenommen, sondern auch die Definition der Betäubungsmittel geändert. In § 1 Abs. 1 BtMG wurde der Anwendungsbereich des Gesetzes auf die in den Anlagen I bis III genannten Stoffe und Zubereitungen beschränkt. Betäubungsmittel im Sinne des Gesetzes sind nur die in den Anlagen I bis III genannten Stoffe und Zubereitungen (Positivliste). Nur sie sind Teil des Gesetzes.

Betäubungsmittel im Sinne des Gesetzes

Anlage I enthält die nicht verkehrsfähigen und nicht verschreibungsfähigen Stoffe, die also allenfalls illegal im Verkehr sein können. Diese Stoffe „sind gesundheitsgefährdend oder werden nicht zu therapeutischen Zwecken benötigt.2

Anlage II enthält die verkehrsfähigen, aber nicht verschreibungsfähigen Substanzen, das heißt solche, die als Rohstoffe, Grundstoffe, Halbsynthetika, oder Zwischenprodukte verwendet werden, die jedoch in Zubereitungen nicht als Betäubungsmittel verschrieben werden können.

Anlage III enthält die verkehrs- und verschreibungsfähigen Substanzen.

Stoffe im Sinne des Gesetzes

Im Sinne des § 2 Betäubungsmittelgesetz wurde bis Ende Juli 2009 ein Stoff wie folgt definiert:

Eine Pflanze, ein Pflanzenteil oder ein Pflanzenbestandteil in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand sowie eine chemische Verbindung und deren Ester, Ether, Isomere, Molekülverbindungen und Salze – roh oder gereinigt – sowie deren natürlich vorkommende Gemische und Lösungen.

Bei Gerichtsverhandlungen zeigte es sich immer wieder, dass diese Definition der Stoffe nicht mit den Anlagen zu § 1 BtMG kompatibel war. So waren beispielsweise in Anlage I die Wirkstoffe Psilocybin und Psilocin, die in verschiedenen Pilzarten vorkommen, aufgelistet, die Pilze selbst jedoch nicht – was aufgrund von § 2 BtMG auch nicht möglich war, da Pilze keine Pflanzen sind. Ja selbst die Auflistung von Psilocybin und Psilocin in der Anlage I hielten einige Rechtsgelehrte aus juristischen Gründen für äußerst bedenklich. So entschied sich die Bundesregierung im Sommer 2009 den Begriff „Stoffe“ neu zu fassen. Mit dem Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (AMGuaÄndG) Art. 5 vom 17. Juli 2009 (BGBl. 2009, I S. 1990; 2009) wurde der Begriff „Stoffe“ neu definiert:

Im Sinne des Gesetzes sind Stoffe:

  1. chemische Elemente und chemische Verbindungen sowie deren natürlich vorkommende Gemische und Lösungen,
  2. Pflanzen, Algen, Pilze und Flechten sowie deren Teile und Bestandteile in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand,
  3. Tierkörper, auch lebender Tiere, sowie Körperteile, -betsandteile und Stoffwechselprodukte von Mensch und Tier in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand,
  4. Mikroorganismen einschließlich Viren sowie deren Bestandteile oder Stoffwechselprodukte.

Auszug aus dem § 2 Abs. 1 BtMG

Selbst Stoffwechselprodukte von Menschen, also beispielsweise Urin, sind demnach Stoffe im Sinne des Gesetzes. Hat jemand beispielsweise Pilze mit den Wirkstoffen Psilocybin und Psilocin gegessen und lässt danach jemanden seinen Urin trinken, dann kann der Urinerzeuger wegen Weitergabe von Betäubungsmitteln belangt werden, da illegalisierte Wirkstoffe im Urin nachweisbar wären.


  • 1Gesetz zur Neuordnung des Betäubungsmittelrechts vom 28. Juli 1981 (BGBl. I S. 681)
  • 2Bundestagsdrucksache BT-DS 8/3551, S. 25