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akzept e.V. zur Legalisierung

Der Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik (akzept e.V.) wurde 1990 in Bremen gegründet. Der Verein mit rund 200 Mitgliedern (65 Einrichtungen und Projekte sowie 135 Einzelmitglieder) setzt akzeptierende Drogenabeit auf der methodisch-praktischen Ebene, auf der normativen und auf der poltischen Ebene um.

Politische Ziele

Praktische Ziele

Auf nationaler Ebene wirkt akzeptierende Drogenarbeit darauf hin, das Sonderstrafrecht "Betäubungsmittelgesetz" abzuschaffen und die entsprechenden Substanzen in die Regelungs- und Kontrollmöglichkeiten bereits vorhandener Gesetze (bsw. Arzneimittelgesetz, Nahrungs- und Bedarfsgegenständegesetz) zu integrieren. Das Strafrecht als vermeintlich verhaltenssteuerndes Instrument hat nicht nur versagt, es hat mehr Schaden als Nutzen angerichtet. Die Doppelmoral der Teilprohibition bewirkt fundamental eine Unglaubwürdigkeit des Staates: Gleiches ungleich zu behandeln, enttarnt Drogenpolitik als Willkürpolitik.

Die folgenden Abschnitte aus der "Aktuellen Stellungnahme zur Cannabisdiskussion in der Bundesrepublik Deutschland – Cannabis: Gefahr für die Jugend? Eine drogenpolitische Reform ist überfällig!" von Wolfgang Schneider zeigen Gründe für eine Legalisierung von Cannabis auf.

Problem + Gefahr = Cannabis?

Neue "alte" Dramenszenarien überschwemmen das Land: Immer mehr und "jüngere" Jugendliche konsumieren laut Medienberichten und wissenschaftlichen Studien problematisch hochpotente Cannabisprodukte und werden somit behandlungsbedürftig.

Dabei schien der Mythos Cannabis durch die Anerkennung von Cannabis als Medizin (mögliches Linderungsmittel bei verschiedenen Krankheiten) und durch die Gewinnung von Faserhanf weitestgehend entzaubert zu sein. Im Hinblick auf Cannabis als ein Genuss- und Rauschmittel bestimmen jedoch weiterhin Diabolisierungs- und Dramatisierungsszenarien die wissenschaftliche und öffentliche Diskussion in der Bundesrepublik.

Mediale Dramatisierungsszenarien

Das "politische" Cannabisthema wird zugunsten psychiatrischer und pathologischer Konstrukte als Beschreibung von Folgeproblemen des Gebrauchs von Cannabisprodukten immer mehr an den Rand gedrängt. Eine politische Neubewertung des Themas Cannabis scheint zu Grabe getragen worden zu sein. Mediale Dramatisierungsszenarien haben Hochkonjunktur: Eine neue Drogenwelle bedroht die deutschen Schulen: Immer mehr Jugendliche und sogar "Eine neue Drogenwelle bedroht die deutschen Schulen: Immer mehr Jugendliche und sogar Kinder rauchen Cannabis – bis zum Totalabsturz. Seit hochgezüchtetes Power-Kraut geraucht wird, steigt die Zahl von Schwerstabhängigen mit lebenslangen Psychoschäden" (Der Spiegel, 27/2004, S. 70), "Schon 13-Jährige sind süchtig", "Cannabis gehört zu den gefährlichsten aller Einstiegsdrogen" (Westfälische Nachrichten vom 27.6.07). Derartige Ängste erzeugende Pauschalisierungen, werden hier immer sensibilisierte Eltern sicherlich kaum beruhigen. So lesen wir von einem Leiter einer Drogenberatungsstelle als Antwort, wenn Jugendliche Kiffen als weniger schädlich einschätzen als Alkohol: "Das ist so, als wenn man sagt, es ist weniger schlimm vom Auto überfahren zu werden als bei einem Flugzeugabsturz zu sterben" (Hamburger Abendblatt vom 1.10.2005). Schließlich werden wir unaufhörlich mit epidemiologischen Untersuchungen und Prävalenzstudien zur "beängstigenden" Zunahme des Cannabiskonsums und "cannabisbezogener Störungen" überschwemmt und durch entsprechende "große" Zahlen und "besorgniserregende" Einzelfälle (neunjährige Kiffer, 13-Jährige Süchtige) geradezu erschlagen.

Abstinenzbezogene Suchtprävention hat versagt

Der Jahresbericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht zum Stand der Drogenproblematik in der Europäischen Union 2005 gibt an, dass in Deutschland die Behandlungsnachfragen bei Cannabis als Primärdroge rapide zugenommen haben (problematischer, behandlungsbedürftiger Cannabiskonsum). Ähnliches berichtet eine neuere Expertise zum drogenhilfepraktischen Zugang zu jungen Cannabiskonsumentinnen (Landschaftsverband Westfalen-Lippe 2007). In dieser vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Expertise wird festgestellt, dass die Zahl der jugendlichen Cannabiskonsumentinnen ebenso wie die Nachfrage nach Hilfe steigt. 128 Einrichtungen mit annähernd 180 (!) sogenannten "Good-Practice-Projekten", die sich jugendlichen Cannabiskonsumentinnen unter der Problem- und Missbrauchsperspektive widmen, werden in dieser Expertise aufgelistet. Sie verstehen sich als spezifische Angebote zur Erreichbarkeit und "Behandlung/Betreuung" problematischer Cannabiskonsumenten. 162 Projekte (deren Angaben vorlagen) erreichten 2005 insgesamt 13.037 problematisch Cannabis konsumierende Jugendliche und junge Erwachsene. Bei einer geschätzten Anzahl von mindestens 2.000.000 Cannabis konsumierenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der BRD wären dies ca. 0,15 % (!), die als problematisch Konsumierende erreicht werden.

Wenn das nun aber doch alles stimmt, dass immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene Cannabisprodukte konsumieren und die Zahl der "problematischen" Konsumenten immens zunimmt, dann kann daraus eigentlich nur eine Schlussfolgerung gezogen werden: Die jahrzehntelange, aufwendige und kostenintensive, massenhaft wissenschaftlich (und positiv natürlich) evaluierte meist abstinenzbezogene Suchtprävention als Lebenskompetenzförderung, Gesundheitsstärkung, Ressourcenstützung, Abschreckung, Immunisierung, Frühintervention und Vermittlung von peergestützten Alternativen zum Drogenkonsum hat anscheinend versagt.

Cannabiskonsum in Deutschland

Immer noch handelt es sich bei ca. 50% der polizeilich erfassten "Rauschgiftdelikte" um allgemeine Verstöße gegen das BtMG, wobei ca. 50% auf Cannabisprodukte entfallen. Die sog. Life-Time Prävalenz (jemals im Leben Cannabisprodukte konsumiert) liegt nach der letzten Repräsentativerhebung zum Gebrauch psychoaktiver Substanzen bei Erwachsenen in Deutschland (sog. Bundesstudie des Instituts für Therapieforschung IFT http://www.ift.de/ 2005) bei den 18- bis 59jährigen Männern bei 30,5% (Frauen: 18,3%). Für die Altersgruppe der Jugendlichen zeigt die repräsentative Untersuchung der Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BzGA http://www.bzga.de/ , 2004), dass 35 % der männlichen und 27% der weiblichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter zwischen 12 und 25 Jahren Cannabiserfahrungen haben. Die 30-Tage Prävalenz (also in den letzten dreißig Tagen Cannabisprodukte konsumiert) liegt bei den 18- bis 59jährigen bei lediglich 3,4%. In der neusten Erhebung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzGA), die passend zum sogenannten "Weltdrogentag http://www.weltdrogentag.eu/ 2007" veröffentlicht wurde, konnte indes angeblich ein Rückgang des Cannabiskonsums im Rahmen der Life-Time-Prävalenz bei Jugendlichen der Altergruppe der 14- bis 17jährigen festgestellt werden. Bei den 18- und 19jährigen hingegen hatten bereits 32 % der befragten 3000 Schüler/innen einmaligen Kontakt mit Cannabisprodukten (Münstersche Zeitung vom 26.6.07).

Bei allen Studien werden die bekannten erhebungskritischen Momente insbesondere bei Schülerinnenbefragungen wie subjektive und soziale Erwünschtheit sowie die aktuelle Befindlichkeit weder erfasst und empirisch kontrolliert noch bei der Dateninterpretation mit einbezogen.

Selektive Ergebnisdarstellung und Dramatisierung von Cannabis

In den Medien nun werden Life-Time Prävalenzen dem Publikum so präsentiert, als handele es sich um einen gewohnheitsmäßigen Missbrauch. Zudem sinkt das Alter beim erstmaligen Cannabiskonsum im Gegensatz zu medialen Verjüngungsinszenierungen nur unwesentlich: 1997 liegt der Altersdurchschnitt beim Erstkonsum illegalisierter Drogen bei 16,7, 2001 bei 16,5 und 2004 bei 16,4 Jahren. Kalke et al kommen in ihrer sekundäranalytischen Aufarbeitung aktueller epidemiologischer Erhebungen zum Cannabiskonsum ferner zu der Schlussfolgerung, dass eine gravierende ("besorgniserregende") Zunahme des Cannabiskonsums aufgrund der widersprüchlichen Ergebnisse verschiedener Untersuchungen wie die Repräsentativerhebung "Epidemiologischer Suchtsurvey", die Drogenaffinitätsstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, der sog. Bundesstudie sowie regionale Erhebungen in Hamburg und Frankfurt nicht feststellbar ist. "Eine selektive Ergebnisdarstellung, einseitige Interpretationen und der Einsatz teilweise kritikwürdiger methodischer Erhebungsinstrumente und Diagnosepraktiken haben zu einer öffentlichen Dramatisierung und einer damit verbundenen Pathologisierung des Cannabis-Konsums geführt."

Text: Wolfgang Schneider
Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik (akzept e.V.) und Institut zur Förderung qualitativer Drogenforschung, akzeptierender Drogenarbeit und rationaler Drogenpolitik (INDRO e.V.) Münster

Quellen

Schau nach auf www.akzept.org!

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