Presseecho: Der Staatsanwalt ließ Hanf ernten

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Der Staatsanwalt ließ Hanf ernten
Polizisten beschlagnahmten bei der Hanfparade 10 000 Cannabis-Pflanzen

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Dieser Artikel von Anne Lena Möken erschien in der Berliner Zeitung vom 7. August 2006

Nur noch ein paar einsame Blumentöpfe mit abgeschnittenen Stängeln standen am späten Sonnabendnachmittag vor dem Brandenburger Tor. Das Hanffeld mit 10 000 Pflanzen, das die Veranstalter der 10. Hanfparade als Protestaktion geplant hatten, wurde, kaum dass es aufgebaut war, wieder entfernt. Die Staatsanwaltschaft hegte den Verdacht, dass es sich nicht um Nutzhanf handelt, sondern um Pflanzen, die auch zur Drogenproduktion verwendet werden könnten, teilte ein Sprecher der Polizei mit. Nachdem der Veranstalter der Hanfparade die Pflanzen nicht unverzüglich selbst entfernte, kappte die Polizei die Stängel. Der THC-Gehalt der Pflanzen wird jetzt im Labor untersucht. Von dem Wert hängt es ab, ob es sich um eine Droge oder Nutzpflanze handelt.

Einer der Parade-Veranstalter ist der 27-jährige Steffen Geyer vom Deutschen Hanfverband. "Dass die Pflanzen vor dem Brandenburger Tor beschlagnahmt wurden, ist ein Beispiel für den schizophrenen Umgang mit Hanf", sagte der ehemalige Jurastudent. Einerseits würden aus Hanf viele nützliche Dinge hergestellt, andererseits sei es illegal, wenn man als Privatperson eine Hanfpflanze besitze. Unter dem Motto "Legalisierung jetzt!" forderten er und die anderen Teilnehmer der Demonstration, Cannabis als Rohstoff, Medizin und auch als Genussmittel legal nutzen zu können.

Mehrere hundert Menschen versammelten sich zu Beginn der Parade an der Weltzeituhr am Alexanderplatz. "Polizisten, wir wissen, was ihr mit unserem Hanf macht" war auf einem Transparent zu lesen, laute Musik dröhnte aus den Boxen, süßliche Rauchschwaden lagen in der Luft. Einer der insgesamt zehn Wagen, die den Demonstrationszug bildeten, trug die Aufschrift: "Für die Legalisierung aller Drogen." Auch darum gehe es, so Geyer. "Wir müssen Drogenprobleme ans Licht holen, statt sie zu kriminalisieren."

"Alkohol ist doch auch erlaubt", sagte die 17-jährige Elisabeth, die aus einem kleinen Dorf bei Cottbus zur Hanfparade gekommen war. Sie sei hier, weil sie selber kiffe, gab sie freimütig zu, während hinter ihr ein Mann im grünen Monsterkostüm und Riesenjointattrappe vorbeihüpfte. Einige Meter weiter saß André Fürst. Er trug sein graues Haar zum Zopf gebunden und ein Palästinensertuch als Stirnband. Fürst ist Hanfbauer in der Schweiz und findet die Legalisierung von Cannabis in Deutschland schon lange überfällig. In Berlin ist Cannabisbesitz illegal. Üblicherweise werden aber Mengen bis zehn Gramm als Eigenbedarf gewertet und das Verfahren eingestellt, wenn es keine Hinweise auf Drogenhandel gibt.

Die Hanfparade endete schließlich ohne Zwischenfälle mit Musik und einem Markt für Hanfprodukte. Laut Veranstalter kamen mehr als 1 500 Teilnehmer.