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Neues Deutschland, 16. August 2004

Hanfparade gegen Cannabis-Verbot

Mehr als 1000 Teilnehmer forderten eine glaubwürdige Drogenpolitik

Wer Sonnabendmittag vor dem Roten Rathaus stand, hörte melancholisches Wummern von Goa-Techno-Bässen. Um zwölf Uhr sollte am Rathaus die diesjährige Hanfparade starten. Zum Trefftermin hatten sich gerade mal 20 Leute und fünf Fotografen eingefunden. Die 13 Paradewagen standen pünktlich bereit. Jeder, selbst wenn er noch so klein erschien, vollgepackt mit großen Lautsprecherboxen. Discjockeys nutzten die Leere auf dem Anmarschplatz, noch ein paar Leute mit dem Techno-Hammer anzulocken. Goa kann nun mal ein klein bisschen süchtig machen.

Eine halbe Stunde später als angekündigt, waren wenigstens so viele Leute versammelt, dass die Veranstalter die Auftaktkundgebung ansagten. Zu dieser Zeit sah das Häuflein der Hanfparadisten aus, als würde es vorrangig von der bündnisgrünen Jugend gesponsert. Die teilte grüne Luftballons mit ihrem Logo aus. Ines Eichmüller, Sprecherin (Vorsitzende) der bündnisgrünen Jugend, bedauerte, dass zwar schon viele Leute erschienen waren, es seien aber immer noch zu wenig. Unter den Demonstranten befänden sich auch Leute, die nicht »kiffen«. Sie selbst gehöre zu den Nichtkiffern, erklärte Ines Eichmüller. Sie beklagte trotzdem, dass Leute, in deren Autos das Hanfprodukt Cannabis gefunden werde, Gefahr laufen, ihren Führerschein zu verlieren: »Wer einen Kasten Bier geladen hat, wird auch nicht seinen Führerschein los.« Sie regte an, wenigstens bundesweit den Besitz von 30 Gramm so genannter weicher Drogen zu erlauben. Das sei in Schleswig-Holstein bereits heutzutage möglich. Steffen Geyer vom Bündnis Hanfparade setzte sich für glaubwürdige Drogenpolitik ein. Suchtmittel wie Alkohol und Tabak kann man überall und billig kaufen. Ein Mitglied der Jungliberalen forderte, so genannte weiche Drogen zu legalisieren. Dazu gehörten auch Hanfprodukte als Genussmittel.

Gegen 13 Uhr schwenkten die Discjockeys vom Goa zum harten Techno um. Gemächlich setzte sich die Hanfparade vom Roten Rathaus in Richtung Kreuzberg in Bewegung. 1200 Teilnehmer zählten die Veranstalter. Als Prominentester wurde der Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele von den Bündnisgrünen gemeldet.

Die Veranstalter hatten 10000 Teilnehmer erwartet. Womöglich rauchte manch potenzieller Paradist wegen beginnender Olympiade sein Hanfpäckchen in Ruhe vor dem Fernseher auf.

Von Wolfgang Rex